Oh meine Göttin!
15. Februar ff
Nachdem wir „Magha Amavasya“ mit kilometerlangen (!) Pilgerschlangen in der Altstadt (Varanasi ist keine große Stadt) gut überstanden haben, waren die Anhänger Saraswatis (und alle anderen auch) bereits in den Startlöchern, „Vasant Panchani“ zu feiern – lautstark, wie immer. Vasant Panchami ist ein hinduistisches Frühlingsfest und der höchste Feiertag der Göttin Saraswati, die wiederum für die Schönheit und Weisheit zuständig ist. Sie ist sozusagen die Patronin aller Künstler und Gelehrten. Es ist ein Feiertag an allen Schule und Universitäten, und es ist ein guter Tag, um mit dem Lernen zu beginnen. Also schreiben viele Kinder heute ihren ersten Buchstaben. Man baut überall kunstvolle Saraswati-Figuren und -Altäre aus Stroh und Ton mit viel Schmuckwerk und Blumenkränzen. Wer dafür keine Zeit oder Platz hat, kann eine kleine Tonfigur an den unzähligen Straßenständen erwerben, die zu diesem Zweck überall wie Pilze aus dem Boden wachsen. Die Anhänger legen ihrer Göttin dann ihre Paletten, Musikinstrumente oder Schreibzeug zu Füßen, um sie für die „göttliche Eingebung“, also Erfolg segnen zu lassen. Gelb ist ihre Farbe an dem Tag und viele Menschen kleiden sich so und verschenken gelbe Blumen. Auch Süßigkeiten und andere Lebensmittel werden (wenn man Glück hat mit Safran) gelb gefärbt. Gelb ist auch hier die Farbe des Frühlings und des Lebens. Ein paar Tage dauert die feierliche Zeremonie, bevor am letzten Tag die Figur mit großem Tam Tam in einer Prozession zum Ganges getragen wird, um sie dort mit viel Freude zu versenken. “Tam Tam“ heißt, dass diese Figur auf einen Karren oder ein Auto geladen wird, an dem auch noch eine Musikanlage in den Ausmaßen eines Einfamilienhauses Platz haben muss. Die Anhänger (bei diesem Programmpunkt nur noch Männer) drehen dann die Anlage auf „Max+“ und hüpfen wie von der Tarantel gestochen zu India-Bollywood-Holy-Techno den ganzen Weg durch die Stadt bis zu den Gaths. Sie bewerfen sich und alle, die vorbeikommen, mit megentafarbigem Pigment und rufen allen gute Wünsche zu. Der Weg zum Ganges kann schon mal sehr lange dauern, und von diesen „Love-Parades“ im Miniformat gibt es Hunderte (!) täglich. Hunderte, weil, es den Jungs anscheinend sehr viel Spaß macht und deshalb jede auch noch so kleine Gruppierung sich bildet, um die Göttin gemeinsam versenken zu können. Jede Figur, bzw. deren Versenkung muss aber angemeldet werden. Jede Saraswati bekommt dann ihren genauen Zeitpunkt und genauen Ort des feierlichen Plumps zugewiesen (inkl. 12 Stempel mind.). Und da nicht so viele Plumpsstempel auf einmal vergeben werden können, weil nicht so viele Plumpsstellen am Ganges vorhanden sind, als zu plumpsen begehrt wird, wird eben auch noch drei Tage weitergeplumpst, obwohl am 15. eigentlich ausgeplumst hätte sollen. Die täglichen Hochzeitszüge mussten, um mithalten zu können, ihre Anlagen natürlich dann auch „ein wenig aufstocken“. Unsere Fenster und Trommelfelle vibrierten mit den Subwoofern um die Wette, und es ist schwer zu sagen, wer gewonnen hat.

Seit zwei Tagen ist ausgeplumpst und es wird anscheinend das erste Mal seit dem 15. Januar nicht geheiratet. Das bisschen Hupen und Klingeln auf der Straße ist nun wie ein liebliches Schlaflied für unsere erste „Stille Nacht“ seit fünf Wochen. Aber vielleicht bin ich auch nur taub geworden.

Am nächsten Morgen schwimmen Hunderte von Göttinengerippen im Ganges. Ein schauriges trauriges Bild: der Ton hat sich aufgelöst, übrig bleiben Schmuck- und Blumenketten, Glittertücher und die Strohkonstruktionen der Figuren. Manche Touristen erschrecken bei ihrem Anblick, wie sie so im Gages treiben, und sind überzeugt, bei dem einen oder anderen Stroharm oder –bein nicht ganz verbrannte Leichenteile vor sich zu haben

Aber es gibt hier nichts, was nicht recycelt wird. Am Nachmittag werden die Gerippe wieder eingesammelt, getrocknet und anschließend zu neuen Göttinnen umgearbeitet. Die nächste wird „Holi“ sein, die hier im März plumpst. Uns beide erwartet aber noch „Magha Purnima“ am 25. Februar, ein besonderer Badetag, diesmal dem Gott Satyanarayana gewidmet. An diesem Tag im Ganges zu baden, ist………..(den weiteren Text kennt ihr glaube ich schon).

Oh my Goddess!
After we survived "Magha Amavasya", the next devotees were waiting for celebrating "Vasant Panchani" - loudly as ever. It is a Hindu spring festival and the highest holiday of the Saraswati, Goddess of beauty and wisdom. She is the patroness of all artists and scholars. It's a holiday for all schools and universities. On this day people wear yellow clothes and offer yellow flowers to the gods. Even sweets and food are coloured yellow by adding saffron. Everywhere you could find artful Saraswati figures and altars made of straw and clay with a lot of colorful scarves and garlands. On the last day of the ceremony the figure was carried with large Tam Tam in procession to the Ganges for sink them in the water with great pleasure.
It's all very very very loud.

Since two days it’s quiet - or I've become numb.

But there is nothing here that is not recycled. In the afternoon, the leftover straw dolls are again fished out of the Gages, dried, and then fashioned into new goddesses.


Monika

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